Zirka 200 Seiten stark, voller kryptischer Zeichen und – ganz wichtig – nur einseitig bedruckt! So sieht das typische Roadbook für die Lausitz-Rallye aus. Doch was ist alles notwendig, bis die gedruckten Exemplare an die Teams ausgehändigt werden können?

 

Vor dem Start besprechen sich Patrick und Wolfgang zum AblaufWir sind mit Patrick Hünniger verabredet. Der 49jährige Greizer antwortet auf meine Frage nach seinem Beruf: „Hustensaftschmuggler“. Also Humor hat er schon mal. Im „richtigen“ Leben bewegt er seit 2001 die Autos einer bekannten Zuffenhausener Sportwagenmarke und bereitet deren Kunden weltweit als Fahrinstruktor so einige Aha-Momente. Als ehemaliger Rallyepilot kann er sich zudem perfekt in die Rolle der Fahrer eindenken. Begonnen hat sein Rallye-Fieber allerdings schon 1977, als er zur Osterburg-Rallye an der Zeitkontrolle mithalf.

Seine erste Rallye ist er dann 1992 gefahren und war Teilnehmer der Nachwuchssichtung von Toyota im Jahr 1995. „Dort habe ich den Kahle mal gewinnen lassen“, grinst der Thüringer verschmitzt. Dass er auch richtig schnell unterwegs ist, beweist sein dritter Gesamtrang zur Lausitz-Rallye im Jahr 2005 und 2006 mit Beifahrer Ronald Bauer. Zwei die sich gefunden haben und den Rallyesport lieben, zumal Ronald auch bei uns im Organisationskomitee aktiv ist.

Heute betreut Patrick noch zwei Veranstaltungen pro Jahr. Zum einen seine Heimveranstaltung, die Osterburg Rallye und die Lausitz-Rallye. Er versteht die Organisatoren als Kunden, die sich eine Dienstleistung abfordern und dafür eine hohe Qualität von ihm erwarten können. Jeder Veranstalter hat da seine Vorlieben und Besonderheiten, so dass kein Roadbook wie das andere aussieht. „Klar, es gibt international übliche Standards, aber wenn ein Veranstalter sein Bordbuch auf rosa Papier gedruckt haben will, machen wir das auch“, kennt der großgewachsene Vater eines fünfjährigen Sohnes die Eigenheiten der Rallyeorganisatoren und ergänzt: „Bei der Lausitz-Rallye drucken wir halt nur einseitig, was die Lesbarkeit deutlich verbessert.“

Voll ausgerüstet starten wir mit der Aufnahme des BordbuchsWarum kann man es nicht besser machen?
Wir sind wieder unterwegs im Dickicht der Lausitzer Wälder. Heute ist es zu Abwechslung mal trocken und sogar die Sonne lässt sich ab und zu blicken. Der Tripmaster blinkt, das Garmin Navi zeigt eine weite hellbraune Fläche ohne Straßen und die Actioncam läuft. „Weißte, was der Hammer ist? Ein Werkzeug!“ Soviel zum Niveau unserer Unterhaltung. Doch jetzt erstmal an die Arbeit. Los! Seinen Octavia hat der Tüftler Hünniger mit allem technischen Schnickschnack aufgerüstet. Dank Android Car System läuft im Straßenauto sogar eine Rallye-App und protokolliert parallel die Strecke. Doppelt hält besser!

Für die Lausitz-Rallye ist Patrick von Beginn an aktiv. „Okay, ein Jahr habe ich mal pausiert, aber ansonsten bin ich immer mit am Start gewesen“, verrät der „Hü“. Sein persönliches Schlüsselerlebnis hatte er als WP-Leiter bei der 1. Lausitz- Rallye auf einer Prüfung, bei der fünf oder sechs Autos abgeflogen sind. „Das war für mich der Moment, als ich mir dachte: Das ist eine spezielle Rallye, die den Fahrern alles abverlangt.“ Seit 2005 ist Patrick nun verantwortlich für das Roadbook und es ist jedes Jahr aufs Neue eine Herausforderung, da sich die Strecken im Tagebaugebiet jedes Jahr verändert haben, das heißt so gut wie jedes Jahr ist ein fast neues Roadbook zu erstellen - ohne vorhandene Abschnitte aus dem Vorjahr wieder verwenden zu können.

Wenn der Multi-Mann gefragt ist
Dass es besser und präziser gehen muss, hat er sich gedacht und seine damalige Freundin hat ihm anschließend eine Roadbook-Datei in Excel erstellt. Ronald Bauer hat dann noch einmal Hand darangelegt und die Excel-Datei weiter verfeinert.

So entstand die Vorlage für das, was wir als Veranstalter brauchen – eine detaillierte „Bibel“, in der alle Informationen für die Teams enthalten sind. Ob Durchschnittsgeschwindigkeiten, Zeiten, Verkehrszeichen, WP’s oder Verbindungsstrecken; um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten ist diese Detailarbeit notwendig. Insbesondere auf den bekannten Streckenabschnitten gilt es, die Veränderungen zum Vorjahr aufzunehmen und mit Fotos zu dokumentieren.

Während der Rallye selbst übernimmt Hünniger die Position des Umweltbeauftragten, ist als „schnelle Eingreiftruppe“ zum Beispiel dafür verantwortlich, dass vor dem ersten Vorauswagen alle Schranken geöffnet sind und koordiniert den Wegebau, nachdem die ersten Prüfungen heillos zerfurcht sind. „Das muss alles in der Nachtschicht passieren, damit wir Teile der Prüfungen am nächsten Tag wieder nutzen können.“

Verdiente Mittagspause am Bärwalder SeeMittagspause am Bärwalder See. In der „Kombüse“, einem Imbiss mit herrlichem Blick auf Strand und See, stärken wir uns für den Nachmittag. Dann geht es weiter mit der nächsten Etappe. Als Fazit des Tages bleibt: Gottesfürchtig ist keiner von uns, aber trotzdem kennen wir uns mit „Bibeln“ aus.

Autor: Björn Fröbe